Fragen und Antworten zu rechtlichen Grundlagen für die Arbeit mit jungen Geflüchteten im Übergang
erstellt von der Servicestelle junge Geflüchtete in Zusammenarbeit mit Rechtsanwalt Benjamin Raabe (Stand: Mai/Juni 2020)
FAQ - Familiennachzug
Unter folgendem Link können Sie die nachfolgenden FAQs als PDF downloaden.
>> A) Was sollte ich unbedingt wissen, wenn ich zum Thema Familiennachzug rechtlich informiert sein will?
1. Was ist unter Familiennachzug zu verstehen?
Unter „Familiennachzug“ werden im Folgenden alle familiär bedingten Aufenthaltsrechte sogenannter „Drittstaatsangehöriger“, die sich aus ihren familiären Bindungen zu anderen Drittstaatsangehörigen oder zu deutschen Staatsangehörigen ergeben, verstanden. „Drittstaatsangehörige“ im oben gemeinten Sinne sind Menschen,
- die weder die deutsche
- noch eine andere EU-Staatsangehörigkeit haben.
Ob sich die „nachzugsberechtigte“ Person
- noch im Ausland befindet und nach Deutschland einreisen will oder
- ob sie sich bereits – aus welchen Gründen und mit welchem Status auch immer – im Inland befindet,
und aus den familiären Beziehungen zu hier lebenden Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit oder mit der Staatsangehörigkeit eines Nicht-EU-Staats Rechte beansprucht, ist unerheblich.
Im Folgenden nicht behandelt, weil es den Rahmen sprengen würde, werden die sich aus dem EU-Freizügigkeitsrecht ergebenden Aufenthaltsrechte von Unionsbürgern und sogenannten „Drittstaatsangehörigen“, die Familienangehörige von nichtdeutschen Unionsbürgern sind.
Weitere Besonderheiten ergeben sich für türkische Staatsangehörige und ihre Familienangehörigen aus Art.7 des Beschlusses 1/80 des Assoziationsrates EWG- Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980 (ARB 1 / 80) und der hierzu entwickelten Rechtsprechung.
2. In welchen Rechtsquellen findet der Familiennachzug seine Grundlage?
Der Familiennachzug ist als Menschenrecht im internationalen Recht, im europäischen Recht, im deutschen Verfassungsrecht und einfachgesetzlich im Aufenthaltsgesetz geregelt. Wichtige Rechtsquellen sind:
auf internationaler Ebene
- Art 8 EMRK
- die UN – Kinderrechtskonvention
auf EU-Ebene
- die Familienzusammenführungsrichtlinie ( Richtlinie 2003/86/EG vom 22.9.2003 )
- die Dublin III VO (Verordnung (EU) Nr.604/2013 vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist
auf nationaler Ebene
- Art 6 GG
- §§ 27 ff AufenthG
Nur erwähnt, aber in diesen FAQ aus den unter 1. genannten Gründen nicht weiter behandelt werden
- das Freizügigkeitsrecht der Europäischen Union und den hieraus sich ergebenden Rechten für den Nachzug zu EU-Bürgern
- die sich aus dem Assoziationsrecht EU/Türkei ( ARB 1 / 80) ergebenden Rechte für den Nachzug zu türkischen Staatsangehörigen
3. Zu welchem Zweck wird der Familiennachzug gewährleistet?
Grundsatz des Familiennachzugs (§27 Abs.1 AufenthG):
„Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet (…) wird zum Schutz von Ehe und Familie gem. Art. 6 des Grundgesetzes erteilt und verlängert.“
Zentraler Punkt ist also die familiäre Lebensgemeinschaft, die entweder bereits bestehen muss oder von beiden, also sowohl vom nachziehenden als auch von dem den Nachzug vermittelnden Partner, ernsthaft angestrebt wird.
Nicht geschützt ist deshalb z.B. die nur dem Bande nach bestehende Ehe, wenn die beiden Partner getrennt leben.
4. Welche Arten des Familiennachzugs sind zu unterscheiden?
Unterschiedliche Rechte gelten für
- den Nachzug zu deutschen Staatsangehörigen und den Nachzug zu anderen Drittstaatsangehörigen und den Nachzug zu subsidiär Schutzberechtigten
- den Ehegattennachzug, den Kindernachzug, den Elternnachzug, den Nachzug sonstiger Familienangehöriger
5.1. Worauf kommt es beim Ehegattennachzug zu anderen Drittstaatsangehörigen an?
Die Einzelheiten sind in § 30 AufenthG geregelt. Sofern der nachzugswillige Ehepartner sich bereits im Bundesgebiet aufhält, ohne im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zu sein, wird eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn
(1) beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben
(2) der Nachziehende deutsche Sprachkenntnisse mit dem Level A1 hat
(3) der andere Partner eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU hat oder eine Aufenthaltserlaubnis seit 2 Jahren bzw. einen anderen qualifizierten Aufenthaltstitel etwa als Asylberechtigter/Flüchtling oder Forscher oder Inhaber eines Daueraufenthaltsrechts in einem anderen EU-Mitgliedstaat ist,
(4) der Lebensunterhalt für die gesamte Familie ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel (Leistungen nach SGB 2, SGB 12 oder anderen, nicht auf Beitragsleistungen beruhenden Transferleistungen) gesichert ist,
(5) der nachziehende Partner mit einem mit Zustimmung der Ausländerbehörde erteilten Visum zu diesem Zweck eingereist ist,
(6) kein Ausweisungsinteresse besteht, und
(7) die Passpflicht erfüllt ist.
Ausnahmen gibt es für
- den Nachweis deutscher Sprachkenntnisse im Falle des Nachzugs zu Asylberechtigten/Flüchtlingen sowie bei Nachziehenden mit „geringem Integrationsbedarf“
- die Lebensunterhaltssicherung im Falle des Nachzugs zu Asylberechtigten/Flüchtlingen, wenn der Antrag innerhalb von 3 Monaten nach Rechtskraft der Anerkennung des Stammberechtigten gestellt wird.
- die Einreise mit dem erforderlichen Visum, wenn der Nachziehende bereits eine Aufenthaltserlaubnis hat, der Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis durch Eheschließung im Bundesgebiet während eines gestatteten (Asylsuchende) oder geduldeten Aufenthalts entstanden ist, oder die Ehe vor Einreise geschlossen wurde, und der nachziehende Partner zum Zeitpunkt der Einreise und zum Zeitpunkt der Antragstellung Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis eines anderen EU-Staates ist.
Lebt der nachzugswillige Partner noch im Ausland gelten die obigen Ausführungen für den Antrag auf Erteilung eines Visums zum Zwecke des Ehegattennachzugs entsprechend.
Der Antrag ist dann bei der deutschen Auslandsvertretung des Staates zu stellen, in dem der Nachzugswillige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Ausländerbehörde, in deren Bezirk die Eheleute den gemeinsamen Aufenthalt begründen wollen, ist an dem Verfahren zu beteiligen. Sie prüft vor allem die Ernsthaftigkeit der beabsichtigten ehelichen Lebensgemeinschaft und die Lebensunterhaltssicherung. Ohne Zustimmung der Ausländerbehörde darf die Botschaft kein Visum zu diesem Zweck erteilen.
5.2. Worauf kommt es beim Ehegattennachzug zu deutschen Staatsangehörigen an?
Rechtsquelle ist § 28 Abs.1 Nr.1 AufenthG. Die oben unter a) aufgeführten Voraussetzungen müssen ebenfalls erfüllt sein mit Ausnahme von Nr. (4) (Lebensunterhaltssicherung) und Nr. (3).
Auf das Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung soll in der Regel verzichtet werden.
Ausnahmen von der Regel soll es zwar geben, werden aber in der Praxis nicht angewandt.
Der strikte Rechtsanspruch ist aber im Falle der nicht gegebenen Lebensunterhaltssicherung entfallen, so dass die meisten Ausländerbehörden (Ausnahme: Berlin) in diesen Fällen nicht von dem Erfordernis der Einreise mit einem geeigneten nationalen Visum absehen.
5.3. Worauf kommt es beim Ehegattennachzug im Falle einer eingetragenen Lebenspartnerschaft an?
Die oben unter 5.1. und 5.2. dargestellten Voraussetzungen gelten entsprechend, wenn zwischen den Partnern eine eingetragene Lebenspartnerschaft besteht.
6.1. Was ist beim Kindernachzug zu Eltern mit Drittstaatsangehörigkeit zu beachten?
Der Kindernachzug wird gem. § 32 AufenthG gewährt, wenn
(1) das oder die Kinder minderjährig (zum Zeitpunkt der Antragstellung) und ledig sind,
(2) beide Eltern oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil einen der in § 32 Abs.1 AufenthG bezeichneten Aufenthaltstitel haben,
(3) der Lebensunterhalt für die gesamte Familie ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel (Leistungen nach SGB 2, SGB 12 oder anderen, nicht auf Beitragsleistungen beruhenden Transferleistungen) gesichert ist,
(4) das Kind mit einem mit Zustimmung der Ausländerbehörde erteilten Visum zu diesem Zweck eingereist ist, sofern es bereits im Bundesgebiet lebt und hier nicht geboren wurde,
(5) kein Ausweisungsinteresse besteht, und
(6) die Passpflicht erfüllt ist.
Ist das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits 16 Jahre alt und soll es nicht zusammen mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil einreisen, besteht der Anspruch nur, wenn es die deutsche Sprache beherrscht (Level C1) oder gewährleistet erscheint, dass es sich aufgrund der bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der BRD einfügen kann. Ausnahmen von dieser Einschränkung gibt es für Kindern von Eltern mit internationalem Schutz oder von Hochqualifizierten.
6.2. Was ist beim Kindernachzug zu einem deutschen Elternteil zu beachten?
Dem (zum Zeitpunkt der Antragstellung) minderjährigen und ledigen Kind einer Person mit deutscher Staatsangehörigkeit ist nach § 28 Abs.1 Nr.2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
Es besteht nicht das Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung. Die familiäre (nicht zwingend häusliche) Lebensgemeinschaft mit dem deutschen Elternteil muss aber bestehen bzw. im Falle des Visumsantrags ernsthaft angestrebt werden.
7.1. Können Eltern aus der familiären Beziehung zu ihren Kindern Rechte herleiten? a) zu Kindern mit Drittstaatsangehörigkeit?
Der Elternnachzug zum ausländischen Kind wird nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen, die in § 36 Abs.1 AufenthG geregelt sind, gewährt. Einen Nachzugsanspruch haben nur die Eltern bzw. der allein personensorgeberechtigte Elternteil, wenn
(1) das Kind zum Zeitpunkt der Erteilung des Visums/der Aufenthaltserlaubnis minderjährig ist,
(2) es als Flüchtling oder Asylberechtigter anerkannt ist und aus diesem Grund eine Aufenthaltserlaubnis besitzt bzw. subsidiären Schutz genießt und sich der Aufenthalt bereits als Niederlassungserlaubnis verfestigt hat, und
(3) sich im Bundesgebiet kein personensorgeberechtigter Elternteil aufhält.
Die Sicherung des Lebensunterhalts wird in diesen Fällen nicht gefordert.
Ist das Kind weder als Flüchtling noch als Asylberechtigter anerkannt, und hat als Inhaber/in des subsidiären Schutzstatus noch keine Niederlassungserlaubnis, besteht kein Anspruch auf Gewährung des Elternnachzugs nach dem Aufenthaltsgesetz.
Für den Nachzug zu subsidiär schutzberechtigten Kindern, die noch keine Niederlassungserlaubnis haben, gelten besondere Regelungen, die in § 36a AufenthG geregelt sind.
In den übrigen Fällen kann der Familiennachzug zu hier lebenden minderjährigen Kindern nur in Ausnahmefällen zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte (§ 36 Abs. 2 AufenthG) gewährt werden.
7.2. Können Eltern aus der familiären Beziehung zu ihren Kindern Rechte herleiten? b) zu ihrem deutschen Kind?
Eltern minderjähriger lediger deutscher Kinder wird nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der Personensorge erteilt.
Die Sicherung des Lebensunterhalts oder auch Sprachkenntnisse sind hier keine Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen. Ist der nachziehende Elternteil nicht personensorgeberechtigt, kann der Familiennachzug gewährt werden, wenn im Bundesgebiet bereits die familiäre Lebensgemeinschaft besteht. Auch dann muss der Lebensunterhalt nicht gesichert sein.
7.3. Können Eltern aus der familiären Beziehung zu ihren Kindern Rechte herleiten? c) zu ihrem noch im Asylverfahren befindlichen Kind?
Die Familienzusammenführung ist in bestimmten Fällen auch nach der Dublin-III-VO zu gewähren, solange sich alle Personen noch im Asylverfahren befinden.
Als Beispiel sei hier der Fall genannt, dass eine unbegleitete minderjährige geflüchtete Person in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, bevor ihre Eltern in einem anderen EU-Staat ebenfalls einen Asylantrag gestellt haben.
In diesem Fall wird die Bundesrepublik Deutschland für das Asylverfahren der gesamten Familie zuständig, sofern alle betreffenden Personen dies schriftlich kundtun (Art. 10 Abs. 3 Dublin-III-VO).
Das Verfahren zur Familienzusammenführung ist in diesem Fall von der Bundesrepublik Deutschland aus durch die hier lebende minderjährige um internationalen Schutz nachsuchende Person zu betreiben. Der Kontakt mit den in dem anderen EU-Staat (häufig Griechenland) lebenden Eltern sollte gesucht werden. Diese müssen nämlich in Griechenland ihrerseits einen Asylantrag stellen, damit das Dublin-Verfahren überhaupt eingeleitet werden kann. Hilfreiche Hinweise und Merkblätter zur Familienzusammenführung zu geflüchteten Personen finden sich auf folgender Seite des Informationsverbundes Asyl:
https://familie.asyl.net/innerhalb-europas/nach-dublin-iii-vo/grundsaetze-dublin-iii-verordnung
8. Welche Besonderheiten sind beim Nachzug zu subsidiär Schutzberechtigten zu beachten?
Die Einzelheiten des Familiennachzugs zu hier lebenden subsidiär Schutzberechtigten, die noch keine Niederlassungserlaubnis haben, sind in § 36a AufenthG geregelt.
Ein Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis besteht für die nachziehenden Familienangehörigen nicht.
Der Ehegattennachzug, der Kindernachzug und der Elternnachzug zu einem unbegleiteten minderjährigen subsidiär schutzberechtigten Kind kann aber aus humanitären Gründen gewährt werden.
Dabei darf die bundesweite Quote von monatlich 1000 erteilten nationalen Visa nicht überschritten werden.
9. Was ist unter dem Begriff „Nachzug sonstiger Familienangehöriger“ verstehen?
Unter „sonstigen Familienangehörigen“ werden in § 36 Abs. 2 AufenthG diejenigen Familienmitglieder verstanden, denen nicht bereits nach den §§ 27-36 Abs. 1, 36a AufenthG einen Aufenthaltstitel erteilt werden kann. Das sind die volljährig gewordenen Kinder, die ausländischen Eltern Volljähriger mit deutscher Staatsangehörigkeit oder der Staatsangehörigkeit eines Drittstaats, aber auch die noch minderjährigen Geschwister, wenn der Nachzug zu einer minderjährigen Person erfolgen soll.
Nach dem AufenthG kann diesen Personenkreis eine Aufenthaltserlaubnis nur zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erteilt werden.
Es ist aber zu beachten, dass die Grenzen zur Kernfamilie im internationalen humanitären Bereich in einigen Fällen deutlich weiter gefasst ist. So ermöglicht Art. 8 der Dublin III VO den Nachzug einer minderjährigen Person zu einem Ihrer in Deutschland rechtmäßig aufhältlichen Geschwister, wenn es dem Kindeswohl am besten dient.
>> B) Was ändert sich ganz konkret in der Familienzusammenführung, vor und nach dem 18. Geburtstag des Jugendlichen? (quasi: was sollte man vorher erledigt/eingeleitet haben, weil es Vorteile hat?)
1. Was ändert sich, wenn der Jugendliche hier lebt, im Besitz einer Aufenthaltsgestattung oder Duldung ist, und Rechte aus dem Familiennachzug zu einem ebenfalls hier lebenden Elternteil herleiten will?
Mit Erreichung der Volljährigkeit erlischt ein Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis aus dem Gesichtspunkt der Familienzusammenführung zu Eltern.
Wichtig ist deshalb,
(1) dass der Jugendliche den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vor Vollendung des 18. Lebensjahres gestellt hat,
(2) seine Identität geklärt ist,
(3) er zu diesem Zeitpunkt im Besitz eines gültigen Passes ist.
2. Was ändert sich, wenn der Jugendliche hier lebt, im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 32 AufenthG ist?
Sie kann (und wird in der Praxis) verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis noch nicht vorliegen und
(1) ein gültiger Pass vorliegt,
(2) der Lebensunterhalt gesichert ist oder der Jugendliche zur Schule geht bzw. eine Berufsausbildung absolviert, und,
(3) kein Ausweisungsinteresse besteht.
Sofern er seit 5 Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus dem Gesichtspunkt des Familiennachzugs ist, sein Lebensunterhalt gesichert ist oder er sich in einer schulischen oder beruflichen Ausbildung, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder einem Hochschulabschluss führt, kann ihm nach Erreichung der Volljährigkeit die Niederlassungserlaubnis nach § 35 Abs.1 AufenthG nur erteilt werden, wenn er über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse (Level B1) verfügt.
3. Was gilt es für den Jugendlichen bei der Familienzusammenführung zu beachten?
Er sollte im Besitz eines gültigen Passes seines Heimatstaates sein.
Sofern der Lebensunterhalt nicht durch eigene Erwerbstätigkeit gesichert ist, sollte er entweder die Schule besuchen oder eine Berufsausbildung absolvieren.
Ist ihm als Minderjähriger eine Aufenthaltserlaubnis aus dem Gesichtspunkt des Familiennachzugs erteilt worden, so wird ihm nach Vollendung des 16. und vor Vollendung des 18. Lebensjahres die Niederlassungserlaubnis (ein unbefristeter Aufenthaltstitel, der nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen mit Auflagen versehen werden darf) nach § 35 Abs. 1 AufenthG erteilt werden, wenn er
(1) im Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres seit 5 Jahren im Besitz der Aufenthaltserlaubnis ist, ist sei denn
(2) es besteht ein auf seinem persönlichen Verhalten beruhendes Ausweisungsinteresse,
(3) er wurde in den letzten 3 Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Jugendstrafe von mindestens 6 Monaten (bzw. bei Heranwachsenden zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 3 Monaten oder einer Geldstrafe von mindestens 90 Tagessätzen) verurteilt bzw. eine entsprechende Verhängung der Jugendstrafe ist ausgesetzt,
(4) sein Lebensunterhalt ist nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB 2, dem SGB 12 oder der Jugendhilfe nach dem SGB 8 gesichert, wenn er sich nicht in einer Ausbildung, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss führt, befindet.
Dasselbe gilt für volljährig gewordene ehemalige Jugendliche, die über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse (Level B1) verfügen. Bei Volljährigen wird eine Ausnahme von der Sicherung des Lebensunterhalts auch dann gemacht, wenn ihre Ausbildung zu einem Hochschulabschluss führt.
FAQ - Datenschutz und Übergang (aus der Jugendhilfe, in die Eigenständigkeit)
Unter folgendem Link können Sie die nachfolgenden FAQs als PDF downloaden.
>> Datenschutzrechtliche Grundlagen - Pflichten und Rechte
1. Was sind Daten?
Daten sind ganz allgemein zunächst erst mal Informationseinheiten, unabhängig ihrer Materialisierung. Hierunter fallen elektronische Daten, Akten, Notizen etc. aber auch das gesprochene Wort.
2. Garantiert die deutsche Verfassung den Datenschutz?
Aus Art 1 Abs. 1 iVm. 2, Absatz 1 des Grundgesetztes ergibt sich das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Hiernach hat jeder Mensch das Recht grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Es handelt sich also vor allem um Angaben zu oder über eine Person.
3. Was sind personenbezogene Daten und was sind Sozialdaten?
Gem. § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) handelt es sich bei personenbezogenen Daten um Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person.
Die personenbezogenen Daten im Sozialleistungsbereich nennen sich Sozialdaten.
4. Dürfen Sozialdaten weitergegeben werden?
Die Datenerhebung, -weitergabe und -verarbeitung sind ohne gesetzliche Grundlage verboten.
Eine Weitergabe von Sozialdaten ist stets nur möglich, wenn eine Einwilligung vorliegt oder es eine gesetzliche Grundlage zur Datenübermittlung gibt.
Für anvertraute Daten gilt ein verschärfter Schutz. Hier bedarf es besonderer Rechtfertigungsgründe zur Weitergabe: Neben der Einwilligung sind das insbesondere gesetzlich normierte Offenbarungspflichten wie der Kinderschutz oder die Zeugenpflicht oder Offenbarungsrechte wie die Wahrnehmung berechtigter Interessen oder der rechtfertigende Notstand. Der Hauptfall der Rechtfertigung ist die Einwilligung.
5. Reicht eine mündliche Einwilligung zur Datenerhebung, -weitergabe und -verarbeitung aus?
Grundsätzlich ist auch eine mündliche Einwilligung rechtens. Zur Frage der Beweisbarkeit ist aber eine schriftliche Absicherung dieser immer vorzuziehen.
6. Wann dürfen Sozialdaten/personenbezogene Daten, trotz gesetzlicher Grundlage nicht weitergegeben werden?
Zum Schutz des Vertrauensverhältnisses Klient – Jugendhilfemitarbeiter besteht nach §65 SGB VIII ein Übermittlungsverbot für anvertraute Daten bzw. nach §203 StGB für anvertraute Geheimnisse. Damit einhergehend gilt auch ein Übermittlungsverbot für Sozialdaten, die von einer schweigepflichtigen Person zur Verfügung gestellt worden sind (u.a. Ärzte, Psychologen), § 76 SGB X.
Die Regelungen nach § 203 gelten u. a. für Mitarbeiter in der freien und öffentlichen Jugendhilfe. Eine Verletzung ist gemäß § 203 StGB für schweigepflichtigen Personen strafbewehrt.
Zusätzlich ist die Übermittlung ausgeschlossen, wenn durch die Übermittlung der Leistungszweck gefährdet ist (§ 64 SGB VIII).
Die Offenbarung von Geheimnissen oder die Weitergabe persönlicher Daten ist demnach nur bei Einwilligung oder sonstiger Befugnis (z. B. Offenbarungspflichten) erlaubt bzw. gesetzlich vorgeschrieben.
7. Was sind anvertraute Daten/ anvertraute Geheimnisse?
Anvertraute Daten/ Geheimnisse sind Informationen, die unter dem Mantel der Verschwiegenheit getätigt wurden. Hierunter fallen also Informationen, die z. B. an einem Mitarbeiter des Jugendamts preisgegeben werden, bei dem man im Sinne einer subjektiven Zweckbindung von dessen Verschwiegenheit ausgehen kann. Hierbei muss nicht ausdrücklich signalisiert werden, dass es sich bei den besagten Informationen um ein anvertrautes Geheimnis handelt, wenn dies aus dem Zusammenhang erkennbar wird.
Die Offenbarung von Geheimnissen oder die Weitergabe persönlicher Daten ist grundsätzlich nur bei Einwilligung oder sonstiger Befugnis erlau
8. In welchen Fällen muss bzw. darf ich als Jugendhilfemitarbeiter*in mir anvertraute Daten/ Geheimnisse/ personenbezogene Daten weitergeben?
Neben der persönlichen Einwilligung gibt es verschiedene Offenbarungspflichten und -rechte, die die Befugnisse zur Offenbarung und Weitergabe von Geheimnissen und personenbezogenen Daten gesetzlich regeln.
9. Was sind Offenbarungspflichten?
Zwar ist es Personen, die in der Jugendhilfe arbeiten, grundsätzlich verboten, Daten weiter zu geben. Allerdings gibt es auch Situationen, in denen Daten weitergegeben werden müssen, um höherrangige Rechtsgüter zu schützen. Daten müssen offenbart werden, wenn das Gesetz dies anordnet. In diesen Fällen würde man sich sogar strafbar machen, wenn die anvertrauten Informationen nicht weitergegeben werden.
Beispielhaft sind hier zu nennen:
- Kinderschutz: Ist das Kindeswohl gefährdet, dürfen die notwendigen sensiblen Informationen weitergegeben werden. Die muss sogar geschehen, wenn eine Gefahr für das Kind nicht anderweitig abgewendet werden kann. Hierbei sind die für den Kinderschutz geregelten Verfahrensweisen einzuhalten.
- Elternrechte: Die Eltern haben das Recht, sich über den Entwicklungsstand ihres Kindes zu informieren. Dieses Recht ist jedoch nicht grenzenlos: In § 8 Abs. 3 ist das Recht das Kindes oder des Jugendlichen normiert, sich in Not- und Konfliktsituationen auch ohne Kenntnis der Eltern beraten zu lassen. Die in diesem Zusammenhang erhalten Daten, müssen von der Jugendhilfe den Eltern nicht mitgeteilt werden.
- Zeugenpflichten: Vor dem Strafgericht müssen Sozialarbeiter*innen und Sozialpädagog*innen auch dann aussagen, wenn sie schweigepflichtig sind. Ein Schweigerrecht, wie des anderen Personengruppen, wie z.B. Ärzten, Anwälten oder Psycholog*innen zusteht, haben sie nicht.
- Gem. § 138 StGB müssen auch schweigepflichtige Menschen tätig werden, wenn sie von erheblichen Straftaten zu einem Zeitpunkt erfahren, in dem diese noch verhindert werden können. Sie müssen entweder die Polizei informieren oder das Opfer warnen. Dies gilt nur für die in § 138 StGB genannten Straftatbestände, u.a. Tötungsdelikte oder Raub. Das gilt aber nur dann, wenn die Straftat bevorsteht. Erfährt die schweigepflichtige Person von bereits begangenen Straftaten, ist die Weitergabe dieser Informationen grundsätzlich verboten, wenn die Information ihr im Vertrauen gegeben wurde. Beispiel: Will der oder die Betreute einen anderen konkret benannten Jugendlichen das Handy abziehen, also rauben, muss das Opfer gewarnt oder die Polizei informiert werden. Erfährt der oder die Betreuer*in erst danach davon, dass der oder die Jugendliche den Raub begangen hat, darf sie das grundsätzlich nicht anzeigen.
- Meldepflichten im Bundesseuchengesetz oder im Infektionsgesetz sind zu beachten.
10. Was sind Offenbarungsrechte?
Es gibt aber auch Situationen, in denen die eigentlich schweigepflichtige Person Geheimnisse offenbaren darf, ohne hierzu verpflichtet zu sein. Auch hier erfolgt grundsätzlich eine Rechtsgüterabwägung. Der Hauptfall des Offenbarungsrechtes ist die Einwilligung. Möglich ist die Offenbarung darüberhinaus, wenn
- dies der Wahrung eigener berechtigter Interessen dient. Behauptet der Klient/die Klientin wahrheitswidrig Dinge, die dem Schweigepflichtigen zum Nachteil gereichen können, kann er dies richtigstellen (Steht der Vorwurf einer Verletzung im Raum, darf auch unter Nennung von Details aus dem Betreuungsverhältnis dies richtiggestellt werden). Auch wenn Rechnungen von dem/r Klient*in nicht gezahlt werden, ist es erlaubt, die für die Durchsetzung der Forderung benötigten Informationen über das eigentlich geschützte Betreuungsverhältnis zu offenbaren.
- Um Gefahr für sich oder andere allgemein abzuwehren, dürfe Informationen weitergegeben werden, sofern die konkreten Gefahren das Geheimhaltungsinteresse überwiegen. So können auch potentielle Opfer vor dem eigenen Klientel gewarnt werden, selbst wenn die bevorstehenden Straftaten nicht angezeigt werden müssen (§ 138 StGB, siehe unter Offenbarungspflichten). Die Rechtfertigung für die Weitergabe folgt aus dem rechtfertigenden Notstand im Sinne des § 34 StGB.
>> Datenschutz in der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit
1. Wie gestaltet sich die Kooperation und der Datenaustausch mit Polizei, Staatsanwalt und Gerichten?
Laut § 68 SGB X haben Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichte und Vollstreckungsbehörden das Recht auf Übermittlung von Standarddaten und ggf. auch erweiterte Daten, diese Daten müssen also bei Bedarf übermittelt werden. Die Übermittlung von Sozialdaten zur Durchführung eines Strafverfahrens bedarf eines richterlichen Beschlusses, gem. § 73 Abs. 3 SGB X.
Nach § 65 SGB VIII gibt es aber ein Übermittlungsverbot für anvertraute Daten bzw. nach §203 des Sozialgesetzbuchs für anvertraute Geheimnisse. Wenn Ihnen in Ihrer Funktion als Jugendhilfemitarbeiter*in ein Geheimnis anvertraut wurde, das nicht unter die Offenbarungspflichten fällt, müssen Sie auch vor der Polizei dieses Wissen nicht weitergeben.
Die Offenbarung von Geheimnissen oder die Weitergabe persönlicher Daten ist grundsätzlich nur bei Einwilligung oder sonstiger Befugnis erlaubt oder vorgeschriebe
2. Welche Übermittlungspflicht von Sozialdaten gegenüber Ausländerbehörden habe ich als Einrichtung bzw. als Jugendamt?
Darüber hinaus müssen Daten in der Regel nur auf Ersuchen übermittelt werden und auch nur dann, wenn diese Daten wichtig für die Entscheidung über den Aufenthalt bzw. Zulässigkeit oder Beschränkung einer Erwerbstätigkeit sind, oder im Rahmen einer Ausweisungsentscheidung entschieden werden soll, ob sich der Migrant*in eine Drogentherapie verweigert.
Auf Ersuchen müssen Jugendämter auch einen Bericht über das Sozialverhalten weitergeben, wenn dieser für eine Aufenthalts- oder Ausweisungsentscheidung relevant ist.
Allgemeine Einschränkungen gelten aber auch hier: Handelt es sich bei den personenbezogenen Daten um anvertraute Daten/ anvertraute Geheimnisse bzw. sind die Daten von einer schweigepflichtigen Person zur Verfügung gestellt worden, ist eine Datenübermittlung trotz gesetzlicher Grundlage nicht erlaubt und ggf. sogar strafbar. Ausnahmen bilden aber auch hier die Offenbarungspflichten und -rechte.
Die freie Jugendhilfe ist keine öffentliche Stelle und fällt somit nicht unter §71 SGB X. Demnach unterliegen Mitarbeiter der freien Jugendhilfe nicht der oben genannten Übermittlungspflicht gegenüber
Ausländerbehörden.
3. Welche Übermittlungspflicht habe ich als Jugendhilfemitarbeiter*in gegenüber Ämtern in Bezug auf „Illegale“ in der Beratung?
Die Mitarbeiter*innen haben die Ausländerbehörde umgehend zu informieren, wenn sie im Rahmen ihres Dienstes davon Kenntnis erhalten, dass eine Person ohne deutschen Pass sich illegal in Deutschland aufhält, also keine Aufenthaltserlaubnis oder Duldung hat. Dies gilt auch dann, wenn die Person gegen die räumliche Beschränkung (Asylbewerber*in) verstößt. Dies gilt aber nur, wenn die Ermittlung der aufenthaltsrechtlichen Situation zu den Aufgaben des Jugendamtes gehören. Aber auch hier gilt: Keine Übermittlung von Geheimnissen!
4. Welche datenschutzrechtlichen Pflichten/Rechten bestehen zwischen Ämtern und den jungen Menschen im Rahmen der Jugendhilfe betreuenden Privatpersonen/gemeinnützigen Vereinen?
Grundsätzlich gilt auch hier der Datenschutz. Eine Übermittlung ist grundsätzlich verboten. Für die bei den Eltern oder dem jungen Menschen ermittelten Informationen, die Grundlage der Hilfe sind, bedarf es auch eine Einwilligung. Diese wird regelmäßig vorliegen, wenn die Eltern die Hilfe wollen – dies ist ja auch die Voraussetzung. Die Eltern und die jungen Menschen sollten aber immer über die Datenweitergabe informiert und die Einwilligung vorher eingeholt werden.
Auch der Datenaustausch zwischen dem freien Träger und dem Jugendamt bedarf der Einwilligung. Allerdings haben auch hieran Eltern und junger Mensch ein Interesse. Ohne einen Bericht über den Verlauf der Betreuung gibt es keine Verlängerung der Hilfe. Hierauf sollte sich der Datenaustausch beziehen. Hinzu kommen noch Meldepflichten der Träger, u.a. in Kinderschutzfällen, siehe unter Offenbarungspflichten. Bei besonderen Vorkommnissen, Straftaten in der Einrichtung oder Selbstverletzungen ist die Weitergabe unter dem Gesichtspunkt des Notstandes gerechtfertigt, siehe oben Offenbarungsrecht.
5. Umgang mit polizeilichen Durchsuchungen?
Die Polizei benötigt für eine Durchsuchung einer Wohnung grundsätzlich einen Durchsuchungsbeschluss, der von dem zuständigen Richter ausgestellt wird. Sie ist nur zulässig zur Ergreifung des Täters oder zum Auffinden von Beweismitteln. Bei Gefahr in Verzug kann die Durchsuchung auch durch die Staatsanwaltschaft oder die Polizei angeordnet werden. Aber selbst, wenn die Voraussetzungen der Durchsuchung zweifelhaft sind, ist davon abzuraten, sich der Durchsuchungshandlung aktiv zu widersetzen, da dies sich möglicherweise als strafbewehrte Widerstandshandlung darstellen könnte.
Bei der Durchsuchung sollte darauf geachtet werden, dass sich diese gerade in Wohngemeinschaften auf die Zimmer des Beschuldigten beschränkt. Es besteht immer das Recht, eine Person des Vertrauens hinzuzuziehen. Man hat das Recht, sich das Protokoll über die Durchsuchung aushändigen zu lassen. Wenn man mit der Durchsuchung nicht einverstanden ist, sollte man dieser schon an Ort und Stelle gegenüber den ermittelnden Personen widersprechen. Dies kann auch unverzüglich gegenüber Gericht oder Staatsanwaltschaft nachgeholt werden.
>> Hilfen für junge Volljährige (unterschiedlicher Rechtsbereiche)
1. Was sind Hilfen für junge Volljährige?
Die Jugendhilfe endet nicht mit Volljährigkeit. Nach dem Kinder- und Jugendhilferecht gelten Personen zwischen 18 und 27 Jahren als junge Volljährige. Zu differenzieren ist zwischen den 18-20-jährigen und den über 21-jährigen.
a.) 18 bis 20-jährige Personen
Hilfe für junge Volljährige bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres soll gem. § 41 SGB VIII dann gewährt werden, wenn eine Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung auf Grund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig ist. Der sozialpädagogische Dienst des Jugendamtes stellt den Hilfebedarf fest. Bei § 41 SGB VIII handelt es sich um eine "Soll-Vorschrift". Sofern die Voraussetzungen des Tatbestandes vorliegen, also ein Hilfebedarf zur Persönlichkeitsentwicklung oder eigenverantwortlichen Lebensführung vorliegt, ist eine Hilfe zu gewähren. Nur in Ausnahmefällen hat das Jugendamt Ermessen, ob die Hilfe gewährt wird oder nicht. So einen Ausnahmefall dürfte für das Jugendamt schwer zu begründen sein. Die meisten Fälle „scheitern“ am fehlenden Bedarf.
Indikatoren für einen Hilfebedarf zur eigenverantwortlichen Lebensführung sind Defizite in folgenden Lebensbereichen: Wohnen, Umgang mit Geld, Schule, Ausbildung, Beruf und soziale Kompetenz.
b.) 21 bis 27-jährige Personen
Ob die „älteren Volljährigen noch Hilfe bekommen, steht im Ermessen des Jugendamtes, sofern eine Hilfe schon vor dem 21. Geburtstag begonnen hat und fortgesetzt werden soll. Ein Erstantrag nach dem 21. Geburtstag ist nicht möglich. Die vorher begonnene Hilfe soll unter den gleichen Voraussetzungen wie bei den 18 – bis 20jährigen fortgesetzt werden, wenn dies im Einzelfall geboten ist. Dies steht also im Ermessen des Jugendamtes.
c.) Art der Hilfen und weitere Ausgestaltung
Die Art der Hilfe richtet sich nach den individuellen Bedarf des jungen Menschen und umfasst den Katalog der Hilfen zur Erziehung, hier insbesondere die Hilfen nach § 27 Abs.
3-35 a SGB VIII mit Ausnahme der sozialpädagogischen Familienhilfe. Wie im Hilfesystem für Kinder und Jugendliche ist die Aufzählung in § 27 Abs. 3 ff SGB VIII nicht abschließend. Auch dort nicht benannte Hilfen können bewilligt werden, sofern dies bedarfsgerecht ist.
Bei entsprechenden Bedarfslagen ist es auch möglich, mit den pädagogischen Hilfen auch therapeutische zu verbinden.
Für jungen Volljährige gelten die Regelungen über die Hilfeplanung nach §36 SGB VIII und über die Sicherstellung der Leistungen zum Lebensunterhalt gem. § 39 SGB VIII entsprechend.
2. Wie gestaltet sich §41 SGB VIII aus?
Nach § 41 SGB VIII gibt es den Anspruch auf Hilfen für junge Volljährige bis zum 27. Lebensjahr. Der junge Mensch ist selbst leistungsberechtigt und hat einen Rechtsanspruch auf die notwendige und bedarfsgerechte Unterstützung – sowohl stationär als auch ambulant. Dieser Anspruch erstreckt sich auch auf junge Volljährige, die nach dem 18. Lebensjahr erstmalig einen solchen Bedarf geltend machen. Nach dem Erreichen des 21. Lebensjahres kann eine Hilfe nach § 41 SGB VIII grundsätzlich nicht mehr begonnen werden.
Die einzelnen Hilfearten sind unter §27-35a geregelt und beinhalten verschiedene Leistungen: pädagogische und therapeutische Leistungen, auch Jugendberufshilfe; Erziehungsberatung, soziale Gruppenarbeit; Erziehungsbeistand und Betreuungshelfer; Vollzeitpflege; Heimerziehung und betreutes Jugendwohnen; Intensive sozialpädagogische Einzelfallhilfe; Eingliederungshilfe.
3. Muss ich als Jugendhilfemitarbeiter*in eine Hilfe für junge Volljährige nach §41 SGB VIII einstellen, wenn ein junger Mensch nicht bei der Hilfe mitarbeitet/die Hilfe verweigert?
Das kommt drauf an! Grundsätzlich gehören Durststrecken zu einer Betreuung von jungen Menschen dazu. Teil der pädagogischen Arbeit ist die Motivation der jungen Menschen, dies kann auch mit Rückschlägen verbunden sein.
Kooperiert der junge Mensch gar nicht oder verweigert er nachhaltig die Zusammenarbeit mit der pädagogischen Fachkraft oder der Einrichtung, dürfte die Hilfe nicht (mehr) geeignet sein. Das ist immer eine Frage des Einzelfalls und bedarf einer genauen Prüfung.
4. Haben ausländische junge Volljährige bzw. geflüchtete junge Menschen Anspruch auf Hilfen für junge Volljährige?
Gem. § 6 Abs. 2 SGB VIII haben ausländische junge Menschen einen Anspruch auf Jugendhilfeleistungen, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und rechtmäßig (also mit einer Aufenthaltserlaubnis, es reicht eine Aufenthaltsgestattung) oder geduldet hier leben.
Den gewöhnlichen Aufenthalt haben sie gem. § 30 Abs. 2 SGB I dort, wo sie sich voraussichtlich dauerhaft aufhalten. Hier wird im Allgemeinen von einem Zeitraum von sechs Monaten ausgegangen. Es ist ausreichend, wenn zu erwarten ist, dass sich jemand zukünftig für diesen Zeitraum an einem Ort aufhält. Damit kommen auch Asylbewerber und Geflüchtete, die gerade eingereist sind, als Personenkreis in Betracht.
Es erfolgt für den vorgenannten Personenkreis also eine Gleichstellung mit den inländischen jungen Menschen. Selbstverständlich muss aber auch bei ihnen geprüft werden, ob ein entsprechender Bedarf nach § 41 SGB VIII vorliegt.
5. Welche Möglichkeiten gibt es, Jugendhilfemaßnahmen für junge Volljährige über das 21 Lebensjahr hinaus zu verlängern?
Ob die „älteren Volljährigen“ noch Hilfe bekommen, steht im Ermessen des Jugendamtes, sofern eine Hilfe schon vor dem 21. Geburtstag begonnen hat und fortgesetzt werden soll. Ein Erstantrag nach dem 21. Geburtstag ist also nicht möglich. Die vorher begonnene Hilfe soll unter den gleichen Voraussetzungen wie bei den 18 – bis 20jährigen fortgesetzt werden, wenn dies im Einzelfall geboten ist. Die Entscheidung steht also im Ermessen des Jugendamtes.
6. Gibt es auch noch Leistungen, wenn die stationäre Hilfe aufgelaufen ist?
Ja! Der junge Volljährige soll auch nach der Beendigung der Hilfe bei der Verselbständigung im notwendigen Umfang beraten und unterstützt werden, dies ist in § 41 Abs. 3 SGB VIII normiert und wird als Nachbetreuung bezeichnet. Im Allgemeinen wird die Nachbetreuung oder Nachsorge als ambulante Hilfe für ein viertel bis halbes Jahr bewilligt. Es handelt sich in der Regel um eine ambulante Hilfe, die von dem bisherigen Träger geleistet wird. Inhaltlich geht es vor allem um die Unterstützung im Rahmen der Wohnungssuche, der Arbeit oder der Aufnahme einer Ausbildung, kann aber auch andere Bereiche umfassen.
Wenn das Jugendamt nicht mehr leisten muss, können die jungen Menschen möglicherweise Hilfen für Erwachsene beantragen. Siehe hierzu: Gibt es jenseits des Jugendhilferechts noch Betreuung vom Staat?
7. Was ist die Jugendberufshilfe?
Jungen Menschen können auch über § 13 SGB VIII Hilfen zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen gewährt werden, sofern dies notwendig ist. Zu nennen sind hier insbesondere sozialpädagogisch begleitete Ausbildungs- und Beschäftigungsverhältnisse. Die Jugendberufshilfe ist gekennzeichnet durch einen relativ hohen Betreuungsschlüssel. Diese Hilfe kann grundsätzlich bis zum Erreichen des 27. Lebensjahres in Anspruch genommen werden. Eine mit § 41 SGB VIII vergleichbare Abstufung gibt es nicht. Den Anspruch haben die jungen Menschen selbst.
Allerdings sind diese Hilfen gegenüber Hilfen der Agentur und des Jobcenters nachrangig. Im Hinblick auf den weitgehenden Ausschluss von vielen Leistungen nach § 7 SGB II gilt der Nachrang gerade bei Menschen ohne deutschen Pass und ohne Arbeitsgenehmigung nur eingeschränkt. Um diese Hilfen zu bekommen, muss nachgewiesen werden, dass Agentur oder Jobcenter vergleichbare Leistungen nicht vorhalten.
8. Gibt es jenseits des Jugendhilferechts noch Betreuung vom Staat?
Betreuungsleistungen enden nicht zwingend mit der Jugendhilfe. Auch Erwachsene oder junge Menschen ohne Jugendhilfebedarf können unter bestimmten Voraussetzungen Unterstützung vom Staat verlangen. Hier gibt es neben speziellen Krankenkassen- oder Rehabilitationsleistungen insbesondere Leistungen nach dem SGB IX, aber auch nach dem SGB XII. Es gibt Hilfen für qualifizierte Bedarfssituationen im Hinblick auf allgemeine Lebensrisiken. Dazu gehören Hilfen zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfe in anderen Lebenslagen. Für die Personengruppe der Care Leaver sind insbesondere die Eingliederungshilfe nach dem SGB IX und die Hilfen nach § 67 SGB XII wichtig.
9. Was sind Eingliederungshilfen?
Sollte der junge Mensch eine geistige, körperliche und/oder seelische Behinderung haben und zudem an der Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft eingeschränkt sein, dann hat er*sie einen Anspruch auf Eingliederungshilfe. Dies ist in §§ 99 ff SGB IX geregelt.
Voraussetzung für eine Hilfe zur Eingliederung ist, dass bei dem jungen Menschen eine wesentliche Behinderung festgestellt wurde. Menschen mit Behinderungen sind gem. § 2 SGB IX solche, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können.
Um die gesundheitliche Beeinträchtigung festzustellen, bedarf es in der Regel eines medizinischen Gutachtens. Für die Feststellung der Teilhabebeeinträchtigung muss die Eingliederungshilfebehörde prüfen, inwiefern durch die Krankheit die Funktionsfähigkeit des jungen Menschen in der Gesellschaft beeinträchtigt ist, also ob sich der junge Mensch aufgrund der Krankheit nur eingeschränkt in seinem persönlichen Lebensbereichen (Familie, Arbeit, Schule, Freizeit u.a.) beteiligen kann.
Sollte eine Behinderung vorliegen, besteht ein Anspruch auf Leistungen zur Überwindung der Teilhabebeeinträchtigung. Diese Hilfen müssen wiederum bedarfsgerecht sein, geregelt in § 102 ff SGB IX. Wichtige Leistungen der Eingliederungshilfe sind
- Hilfen zur angemessenen Schulbildung
- Hilfen zur schulischen Ausbildung für einen Beruf
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
- Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten,
- Hilfen für eine behindertengerechte eigne Wohnung
- Hilfsmittel und Körperersatzstücke
Auch hier gilt: Der Leistungskatalog ist offen. Die Auswahl und Festlegung der Hilfen erfolgt über einen Teilhabeplan bzw. Hilfeplan durch die Eingliederungshilfebehörde.
Diese Hilfen sollten rechtzeitig beantragt werden, um so eine lückenlose Überleitung in eine Anschlusshilfe zu ermöglichen.
10. Können auch Menschen ohne deutschen Pass Eingliederungshilfe bekommen?
Ja! Hier ist aber zu differenzieren, geregelt in § 100 SGB IX.
Einen Anspruch auf die Leistungen wie Inländer haben nur Personen mit einer Niederlassungserlaubnis oder einer befristeten Aufenthaltserlaubnis, wenn sie sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten.
Alle anderen haben keinen Anspruch, hier steht eine Entscheidung im Ermessen der Behörde. Personen, die dem Asylbewerberleistungsgesetz unterfallen, sind von diesen Leistungen in der Regel ausgeschlossen.
11. Was ist die Hilfe in besonderen Lebenslagen nach §§ 67 ff SGB XII ?
Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten haben einen Anspruch auf staatliche Hilfe und zwar unabhängig vom Alter. Die §§ 67 ff SGB XII enthalten ein spezielles Hilfeangebot für Personen, bei denen komplexe Problemlagen vorliegen, die (allein) mit sonstigen Leistungen der Sozialhilfe nicht zu bewältigen sind. Ziel der Hilfen ist die Überwindung der sozialen Schwierigkeiten, um den Betroffenen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen.
Besondere Lebensverhältnisse bestehen bei fehlender oder nicht ausreichender Wohnung, bei ungesicherter wirtschaftlicher Lebensgrundlage, bei gewaltgeprägten Lebensumständen, bei Entlassung aus einer geschlossenen Einrichtung oder bei vergleichbaren negativen Umständen. Diese Hilfeform wird zum Erhalt oder zur Beschaffung von Wohnraum, zur Ausbildung, zur Erlangung und Sicherung eines Arbeitsplatzes oder zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen installiert. Die Hilfen werden in der Regel von freien Trägern durchgeführt.
Grundsätzlich ist diese Hilfe aber nachrangig gegenüber den Hilfen nach dem SGB VIII. Sollte es möglich sein, noch eine Hilfe für junge Volljährige vom Jugendamt zu erhalten, muss man sich hierum bemühen.
12. Haben auch Menschen ohne deutschen Pass einen Anspruch auf die Hilfen nach §§ 67 ff SGB XII?
Ja! Hier ist aber zu differenzieren, geregelt in § 23 SGB XII.
Einen Anspruch auf die Leistungen wie Inländer haben nur Personen mit einer Niederlassungserlaubnis oder einer befristeten Aufenthaltserlaubnis, wenn sie sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten.
Alle anderen haben keinen Anspruch, hier steht eine Entscheidung im Ermessen der Behörde. Personen, die dem Asylbewerberleistungsgesetz unterfallen, sind von diesen Leistungen in der Regel ausgeschlossen.
>> Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
1. Was ist die wirtschaftliche Jugendhilfe?
Werden junge Menschen außerhalb ihres Elternhauses über das Jugendamt betreut, sei es im betreuten Wohnen, im Heim oder in vergleichbaren Einrichtungen (stationäre Unterbringung), übernimmt das Amt immer den notwendigen Unterhalt des Kindes, gem. § 39 SGB VIII. Diese Annexleistung bezeichnet man auch als wirtschaftliche Jugendhilfe. Sie wird erst einmal unabhängig von Einkommen und Vermögen gezahlt. Der sozialrechtliche Nachrang wird dadurch hergestellt, dass die jungen Menschen und ihre Eltern dann für die gesamte Maßnahme entsprechend ihrer finanziellen Möglichkeiten zu den Kosten herangezogen werden.
Das Jugendamt zahlt keinen Unterhalt bei ambulanten Hilfen. Im Falle einer ambulanten Hilfe muss der Unterhalt anderweitig sichergestellt werden, AlG II, Bafög, BAB u.a.
2. Was zahlt das Jugendamt den jungen Menschen in der Jugendhilfe?
Es wird der gesamte wiederkehrende Bedarf gedeckt und auch einmalige Kosten übernommen.
Zu den laufenden Bedarfen gehören erst einmal Hilfen zum Lebensunterhalt. Wie hoch dies ist bestimmen die Länder. Es muss zwischen den verschiedenen Altersstufen differenziert werden. Die Höhe richtet sich auch danach, welche Kosten von der Jugendhilfeeinrichtung übernommen werden und für was die jungen Menschen selber sorgen müssen. Wenn der Träger selber für die Verpflegung der jungen Menschen sorgt, gibt es nur ein nach Altersgruppen gestaffeltes Taschengeld.
Müssen die Jugendlichen sich komplett selbst versorgen, erhalten sie in der Regel Leistungen in Anlehnung an die Regelsätze nach SGB II/SGB XII.
Diese laufenden Leistungen werden regelmäßig angepasst. Sie werden von den Jugendämtern veröffentlicht. Die Höhe der Leistungen richten sich nach den örtlichen Verhältnissen der Einrichtung, in der die jungen Menschen untergebracht sind. So erhalten die jungen Menschen in den Einrichtungen Leistungen in gleicher Höhe, egal ob sie von dem örtlichen Jugendamt oder einem Jugendamt aus einem anderen Bundesland finanziert werden.
Hinzu kommen immer die Kosten der Unterkunft, also die Miete.
Weiterhin werden auch einmalige Bedarfe übernommen. Beispielhaft zahlt das Gesetz Mittel für die Erstausstattung der Pflegeeinrichtung, für wichtige persönliche Anlässe, sowie für Urlaubs- und Ferienreisen auf. Die Bewilligung steht in der Regel im Ermessen der Jugendämter. Übernommen werden auch Lernmittel für die Ausbildung/Schule, ggf. Kosten für den öffentlichen Nahverkehr, zum Teil auch Kosten für den Führerschein oder andere notwendige Mittel, sofern dies im Rahmen der Betreuung notwendig ist.
3. Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es für junge Menschen mit Fluchtgeschichte nach der Jugendhilfe?
Auch junge Menschen ohne deutschen Pass erhalten diese Hilfen. Eine Differenzierung der Höhe nach findet nicht statt. Voraussetzung ist allein, dass eine stationäre Jugendhilfemaßnahme bewilligt worden ist. Die ausländischen jungen Menschen erhalten in der stationären Jugendhilfe selbst dann den gleichen Satz wie die deutschen jungen Menschen, wenn sie Asylbewerber sind oder nur einen Duldungsstatus haben. Das SGB VIII geht dem Asylbewerberleistungsgesetz vor.
Aber: Wird die Jugendhilfe nur ambulant erbracht, richten sich die Leistungen nach den einschlägigen Sozialgesetzen, SGB II, SGB III, AsylblG u.a. Dies führt in der Regel zu einer schlechteren finanziellen Ausstattung der jungen geflüchteten Personen.
4. Ausbildungsförderung: Wer ist wann zuständig?
Junge Menschen, die sich in der Ausbildung befinden, haben einen Anspruch auf Förderung durch den Staat. Sie bekommen dann Zuschüsse bzw. Darlehen, sofern sie bzw. ihre Eltern, Ehegatten oder Lebenspartner nicht genug Eigentum, bzw. Vermögen haben, um sich selber zu finanzieren.
Je nach Ausbildungsart hat der Gesetzgeber Bedarfssätze festgelegt. Wohnen die Auszubildenden nicht im Elternhaus, erhalten sie einen letztlich festen Unterkunftszuschlag bis zu 325 €. Die Höhe der Förderung berechnet sich aus der Differenz zwischen dem Bedarf und dem jeweilig einzusetzenden Einkommen und/oder Vermögen.
Grob gesagt bekommen, Studierende und Menschen in schulischer Ausbildungen Bafög, Menschen, die eine betriebliche Ausbildung machen, bekommen Berufsausbildungsbeihilfe (BAB).
Grundsätzlich zahlt der Staat nur die erste Ausbildung. Möglich ist allerdings zeitlich nacheinander die Förderung über BAB und BaföG und nach dem Schüler BaföG auch der Bezug von Studierenden BaföG. Eine zweite Ausbildung wird grundsätzlich nicht gefördert und zwar unabhängig davon, ob der junge Mensch für die erste Ausbildung eine Ausbildungsförderung bezogen hat oder nicht.
Sollten die Eltern trotz Aufforderung entweder keine Auskünfte über das Einkommen erteilen oder schlicht nicht zahlen, wird Ausbildungsförderung in Form einer Vorausleistung ohne Berücksichtigung der eigentlich unterhaltsverpflichteten Personen gezahlt. In diesem Fall geht dann der Unterhaltsanspruch auf das Amt über und wird dann direkt von dem zuständigen Amt gegenüber den Eltern geltend gemacht.
Für das BAB ist die Agentur für Arbeit zuständig. Streitigkeiten werden vor den Sozialgerichten ausgetragen. Für das BaföG ist das Studentenwerk (Studierendenwerk) bzw. die Ämter der Landkreise zuständig; gestritten wird vor den Verwaltungsgerichten. Rechtsstreitigkeiten über Ausbildungsförderung sind gerichtskostenfrei.
Im Detail, insbesondere hinsichtlich der Frage der Förderung bei Ausbildungswechsel, zweiter Ausbildung, bei der Höhe der Förderung und bei Anrechnung von Einkommen und Vermögen unterscheiden sich die Förderungsarten. Zum Teil verweisen die Vorschriften zum BAB auf das BaföG.
Reicht die Ausbildungsförderung nicht aus, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, besteht für Menschen, deren Förderung sich nach dem BAB richtet und eingeschränkt für Schüler einen Anspruch auf ergänzende Leistungen vom Jobcenter.
5. Was ist BAB?
BAB beinhaltet die Förderung einer betrieblichen oder außerbetrieblichen Ausbildung für Menschen, die diese nicht selber oder durch ihre Eltern, Ehegatten oder Lebenspartner finanzieren können. Gefördert werden auch berufsvorbereitende Maßnahmen. Die Förderung richtet sich nach §§ 56 ff SGB III.
a.) Wie lange wird BAB gezahlt?
Die Agentur finanziert grundsätzlich nur die erste Berufsausbildung. Wurde die erste Ausbildung abgebrochen, wird eine zweite Ausbildung gem. § 57 Abs. 3 SGB III nur gefördert, wenn der oder die Auszubildende den Ausbildungsabbruch nicht zu vertreten hat (z.B. Ausbildungsbetrieb geht in die Insolvenz, oder unter strengen Bedingungen auch ein Neigungswandel) oder wenn zu erwarten ist, das der junge Mensch mit der von ihm ursprünglich gewählten Ausbildung später nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden kann.
Wenn kein BAB mehr gezahlt wird, kann der Auszubildende aber AlG II beim Jobcenter beantragen.
b.) Wie hoch ist das BAB?
Das hängt maßgeblich von der Art der Ausbildung und dann von dem eigenen Einkommen und dem der Eltern und Partnern ab.
Das Vermögen spielt grundsätzlich eine Rolle. Bei der Berechnung des Einkommens wird von dem Bruttoeinkommen, die Steuern und Sozialabgaben in Abzug gebracht. Darüber hinaus gibt es Freibeträge, die Eltern und der junge Mensch nicht einsetzen müssen. Waisenrenten werden nur zum Teil berücksichtigt.
Die Höhe der Berufsausbildungsbeihilfe lässt sich bequem mit dem BAB Rechner berechnen, www.babrechner.arbeitsagentur.de.
c.) Bekommen junge Menschen ohne deutschen Pass BAB?
Ja, aber es hängt vom Aufenthaltsstatus des jungen Menschen ab und ist in § 59 SGB III geregelt. Mehrere Personengruppen sind zu unterscheiden:
- Menschen mit dauerhaftem Aufenthalt: das sind insbesondere Menschen mit einer Niederlassungserlaubnis, Unionsbürger oder anerkannte Flüchtlinge, § 59 Abs. 1 Nr. 2 – 7 SGB III,
- Menschen mit befristetem Aufenthalt, hierunter fallen Menschen mit einer Bleibeperspektive, Voraussetzung ist hierfür eine befristete Aufenthaltserlaubnis, z.B. aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen, im Einzelnen geregelt in § 59 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 2, 4 und 5 BaföG.
- Geduldete Menschen, die sich seit mindestens 15 Monate erlaubt, gestattet oder geduldet dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten, § 59 Abs. 2 SGB III
d.) Kann ich mir etwas zu BAB oder Bafög dazu verdienen?
Grundsätzlich ist die Zahlung von BAB und BaföG abhängig vom Einkommen und beim BaföG auch vom Vermögen. Allerdings bleibt ein Betrag von 290 € monatlich anrechnungsfrei, § 23 Abs. 1 Nr. BaföG. Im Hinblick auf die Einkommensbereinigung entspricht dies dem Verdienst von monatlich ca. 450,00 € (Minijob). In diesem Umfang kann das Geld, was neben der Ausbildung verdient wird, behalten werden.
Aber: Die Vergütung für die konkret geförderte Ausbildung wird bei BaföG Beziehern voll und bei BAB Beziehern bis auf 62,00 € angerechnet.
6. Was ist Bafög?
Menschen, die eine schulische Ausbildung machen oder studieren können vom Staat eine Förderung für die erste Ausbildung erhalten. Schüler*innen erhalten die Förderung als Zuschuss und können dies behalten. Studierende erhalten die Ausbildungsförderung bis zur Förderungshöchstdauer zu Hälfte als Darlehen und zur anderen Hälfte als Zuschuss. Das Darlehen müssen sie später verzinst zurückzahlen. Wird die Förderungshöchstdauer überschritten, kann BaföG für eine bestimmten Zeitraum und einem bestimmten Zweck (u.a. Studienabschluss) als rückzahlbares Darlehen gewährt werden.
a.) Wie lange wird BaföG gezahlt?
Grundsätzlich wird nur die erste Ausbildung gezahlt. Gezahlt wird nur bis zur Förderungshöchstdauer. Dies entspricht der festgelegten Regelstudienzeit. In begründeten Fällen, z.B. Krankheit oder Erziehung eines Kindes, kann eine Verlängerung beantragt werden.
Eine zweite Ausbildung kann gezahlt werden, wenn sie auf der ersten Ausbildung aufbaut. Bei einem Fachrichtungswechsel gibt es ggf. auch eine weitere Förderung. Der oder die Studierende kann bis zum Beginn des vierten Fachsemesters den Studiengang wechseln und wird weiter gefördert, wenn er oder sie feststellt, dass die vorangegangene Ausbildung nicht den eigenen Neigungen entspricht und der Wechsel unmittelbar nach dieser Erkenntnis folgt. In diesem Fall wird weiter gefördert. Allerdings zählt bei der Förderungsart (Teildarlehen oder Volldarlehen) die bereits vorher absolvierten Hochschulsemester mit. (Beispiel: Beträgt die Förderungshöchstdauer 8 Semester und hat die Studentin bereits drei Semester im alten Studiengang hinter sich gebracht, werden nur noch 5 Semester zur Hälfte als Darlehen gefördert, die restliche Förderung erfolgt im Wege des Volldarlehens.)
b.) Wie hoch sind die BaföG Sätze?
Ausbildungsstätte |
Bei den Eltern wohnend |
Inkl. KV- und PV-Zuschlag* |
Nicht bei den Eltern wohnend |
Höchstsatz inkl. KV- und PV-Zuschlag* |
1. Weiterführende allgemeinbildende Schulen und Berufsfachschulen ab Klasse 10 sowie Fach- und Fachoberschulen, wenn der Besuch keine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt |
Keine Förderung |
Keine Förderung |
580 € |
689 € |
2. Berufsfachschul- und Fachschulklassen, die in einem zumindest zweijährigen Bildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss vermitteln, wenn der Besuch keine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt |
243 € |
352 € |
580 € |
689 € |
3. Abendhaupt- und Abendrealschulen, Berufsaufbauschulen, Fachoberschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt |
439 € |
548 € |
675 € |
784 € |
4. Fachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt, Abendgymnasien, Kollegs |
446 € |
555 € |
716 € |
825 € |
5. Höhere Fachschulen, Akademien, Hochschulen |
474 € |
583 € |
744 € |
853 € |
* KV- und PV-Zuschlag steht für Kranken- und Pflegeversicherungszuschlag, dieser beträgt insgesamt 109 €. |
Aus www.bafög.de/de/welche-bedarfssaetze-sieht-das-bafoeg-vor--375.php.
c.) Welche Ausbildung wird nach dem BaföG gefördert?
- Schüler/innen ab 10. Klasse auf allgemeinbildender Schule, Berufsfachschule, Fachoberschule, Abendschule, Kolleg; Schüler erhalten nur Bafög für allgemeinbildende Schule, wenn sie nicht zu Hause wohnen oder Schule vom Elternhaus nicht in ausreichender Zeit erreichbar ist.
- Förderungsfähig auch höhere Fachschulen und Akademien
- Studierende an Hochschulen
- Altersgrenze in der Regel: 30 Jahre, bis dahin muss die Ausbildung, die gefördert werden soll, begonnen werden.
d.) Wie hoch ist das BaföG?
Das hängt maßgeblich von der Art der Ausbildung und dann von dem eigenen Einkommen und dem der Eltern und Partnern ab.
Bei der Berechnung des Einkommens wird von dem Bruttoeinkommen, die Steuern und Sozialabgaben in Abzug gebracht. Darüber hinaus gibt es Freibeträge, die Eltern und der junge Mensch nicht einsetzen müssen.
Im Gegensatz zum BAB wird Vermögen des Auszubildenden auch auf den Bedarf angerechnet. Behalten können die Auszubildenden 7.500,00 €. Der darüber hinaus gehende Betrag wird auf den Bewilligungszeitraum verteilt und monatlich vom Bedarf wie Einkommen abgezogen
Die Höhe des BaföG lässt sich bequem mit dem BaföG-Rechner berechnen: www.bafoeg-rechner.de
e.) Bekommen auch junge Menschen ohne deutschen Pass BaföG?
Ja, aber es hängt vom Aufenthaltsstatus des jungen Menschen ab und ist in § 8 BaföG geregelt. Mehrere Personengruppen sind zu unterscheiden:
Menschen mit dauerhaftem Aufenthalt: das sind insbesondere Menschen mit einer Niederlassungserlaubnis, Unionsbürger oder anerkannte Flüchtlinge, § 8 Abs. 1 Nr. 2 - 7,
Menschen mit befristetem Aufenthalt, hierunter fallen Menschen mit einer Bleibeperspektive, Voraussetzung ist hierfür eine befristete Aufenthaltserlaubnis, z.B. aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen, im Einzelnen geregelt in § 8 Abs. 2 BaföG.
Geduldete Menschen, die sich seit mindestens 15 Monate erlaubt, gestattet oder geduldet dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten, § 8 Abs. 2 a BaföG.
Im Übrigen siehe: https://www.bafoeg-rechner.de/FAQ/bafoeg-fuer-auslaenderinnen.php
f.) Was ist, wenn BaföG oder BAB zum Leben nicht reichen?
Auszubildende, die eine betriebliche oder außerbetriebliche Ausbildung absolvieren und BAB beziehen können, können ergänzend AlG II beim Jobcenter beantragen, wenn das Geld nicht reicht. In diesem Fall zahlt das Jobcenter die Differenz zum Regelsatz (Hartz IV), inklusive den angemessenen Unterkunftskosten. Hierüber können ggf. auch einmalige Leistungen wie Kaution oder ähnliches beantragt werden.
Studierende erhalten keine Regelleistungen nach dem SGB II (Hartz IV), sie können aber bestimmte in § 27 SGB II genannte Leistungen beantragen. Das sind insbesondere Mehrbedarfe für Alleinerziehende u.a., Überbrückungsgelder.
7. Welche Finanzierung gibt es für Azubis nach Beendigung der Jugendhilfe (auch auf Menschen mit Fluchtgeschichte bezogen)?
Solange die jungen Menschen sich in der stationären Jugendhilfe befinden, wird der gesamte regelmäßige Bedarf vom Jugendamt gezahlt. Sofern ein Anspruch auf Ausbildungsförderung, sei es BaföG oder BAB besteht, muss ein entsprechender Antrag auf Förderung gestellt werden. Die Ausbildungsförderung wird dann direkt an das Jugendamt weitergeleitet, ggf. bis auf den ausbildungsrelevanten Teil. Näherer hierzu in: ombudschaft-jugendhilfe.de/2020/02/rga_kostenheranziehung/, Seite 8 f.
Nach dem Ende der Jugendhilfe erfolgt die Finanzierung der Ausbildung über BAB, BaföG und gegebenenfalls über das SGB II (Jobcenter), siehe dazu oben.
8. Wann ist das Jobcenter, wann das Sozialamt und wann die Agentur für Arbeit zuständig?
Jobcenter und Sozialamt zahlen beide existenzsichernde Leistungen, also insbesondere Hilfen zum Lebensunterhalt und die Kosten der Unterkunft. Das Jobcenter zahlt Arbeitslosengeld II, kurz Hartz IV an bedürftige Menschen, die nicht jünger als 15 Jahre und nicht älter als 65 Jahre sind, sofern sie erwerbsfähig sind also mindestens drei Stunden täglich arbeiten können, § 8 SGB II. AlG II wird nur geleistet, soweit sich der junge Mensch nicht anderweitig versorgen kann, also über Arbeitsentgelt, BaföG u.a. Nicht erwerbsfähige junge Menschen können Leistungen nach dem SGB XII bei den Sozialämtern beantragen. Die Höhe der Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sind gleich.
9. Kann das ALGII gekürzt werden ?
AlG II erhalten diejenigen, die sich nicht selbst helfen können, insbesondere kein ausreichendes Einkommen oder Vermögen hierfür zur Verfügung haben, § 9 AlG II. Grundsätzlich soll Arbeitslosengeld II die Existenz aber auch eine gesellschaftliche Teilhabe sichern. Im Rahmen der Einführung der sog. Hartz-Gesetze wurde das Prinzip des Forderns und Förderns eingeführt. Grundsätzlich haben sich arbeitsfähige Menschen um Arbeit zu bemühen und den Aufforderungen der Jobcenter Folge zu leisten, sich dort regelmäßig zu melden und die vereinbarten Termine wahrzunehmen.
Verstoßen AlG II - Empfänger*innen gegen diese Verpflichtungen, sieht das Gesetz in § 31 ff SGB II Sanktionen vor. Hiernach können die laufenden Leistungen grundsätzlich gekürzt werden.Bei welchen Pflichtverstößen werden Sanktionen verhängt?
- Die Weigerung Eingliederungsvereinbarung zu erfüllen
- Die Weigerung zumutbare Arbeit, Ausbildung, ein Euro Job oder vergleichbares Angebot anzunehmen.
- Der Nichtantritt, Abbruch (auch provozierter) einer zumutbaren Maßnahme zur Eingliederung
- Einer Einkommens- oder Vermögensminderung, um AlG II Leistungen zu erhalten
- Einer Fortsetzung unwirtschaftlichen Verhaltens
Welche Folgen hat eine Pflichtverletzung?
Im Gesetz ist unter § 31 a SGB II eine schrittweise Kürzung der laufenden Leistungen vorgesehen, zunächst um 30 % später dann um 60 %, bei unter 25jährigen könnte die Leistung sogar ganz eingestellt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 05.11.2019, 1 BvL 7/16, Teile der Sanktionsregelungen als mit der Verfassung unvereinbar erklärt. Verfassungswidrig ist insbesondere eine Kürzung der laufenden Leistungen von mehr als 30 % und die starre dreimonatige Sperre. Der Gesetzgeber ist aufgerufen das Sanktionssystem neu zu regeln.
Einstweilen hat die Bundesanstalt eine Weisung herausgegeben, die auch ausdrücklich für die unter 25jährigen gelten soll: https://www.arbeitsagentur.de/datei/fw-sgb-ii-31-31b_ba015902.pdf.
- Hiernach sind die Sanktionen auf Kürzungen bis zu 30 % beschränkt.
- Es erfolgt eine Einzelfallprüfung, in Härtefällen ist von einer Sanktionierung abzusehen.
- Wenn die pflichtwidrig unterlassene Handlung nachgeholt werden, sollen die Sanktionen wieder aufgehoben werden.
- Auf Antrag gesteht die Möglichkeit während des Sanktionszeitraums Sachleistungen zu erhalten.
Kann man sich gegen rechtswidrige Sanktionen wehren?
Ja. Es gibt die Möglichkeit hiergegen Widerspruch einzulegen und vor den Sozialgerichten zu klagen. Allerdings sind die Sanktionen sofort vollziehbar, § 39 SGB II. Widerspruch und Klage haben keine aufschiebende Wirkung. Es ist also erforderlich zusätzlich einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Klage beim zuständigen Sozialgericht zu stellen.
10. Was sind Leistungen für Bildung und Teilhabe?
Hierbei handelt es sich um Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Sie werden nur für Schüler*innen allgemein- oder berufsbildender Schulen gewährt, die nicht noch nicht 25 Jahre alt sind und keine Ausbildungsvergütung erhalten. Darüber hinaus müssen sie bedürftig sein. Mit diesem sogenannten Bildungspaket soll sichergesellt werden, dass auch Schüler*innen mit weniger Einkommen bei Tagessausflügen, an gemeinsamen Mittagessen und an Musik, Spiel und Sport teilhaben können.
Geregelt ist dies in §§ 28 ff SGB II, bzw. §§ 34 ff SGB IX, siehe im Übrigen: https://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsmarkt/Grundsicherung/Leistungen-zur-Sicherung-des-Lebensunterhalts/Bildungspaket/leistungen-bildungspaket.html.
Welche Leistungen umfasst das BuT?
- Die Übernahme von Kosten für Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten, sofern die Kosten nicht anderweitig gedeckt werden können.
- Übernahme eines sog. Schulbasispakets. Für Schulmaterial wird im 1. Halbjahr 70,00 €, im zweiten Halbjahr 50,00 € gezahlt.
- Kosten der Schulbeförderung
- Nachhilfe
- Schulmittagessen
- Bis zu 10 € monatlich werden zusätzlich für die Teilhabe am kulturellen Leben gezahlt. Dies bezieht sich vor allem auf Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel und Kultur.
Wer erhält Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket?
Die Bildungs- und Teilhabeleistungen kommen insbesondere für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Betracht, die AlG II oder Sozialgeld nach dem SGB II oder Sozialhilfe nach dem SGB XII erhalten oder deren Eltern Kindergeld oder Wohngeld beziehen. Auch wer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezieht kann Leistungen zur Bildung und Teilhabe bekommen. Die Leistungen können selbst dann beansprucht werden, wenn die Eltern keine der vorgenannten Sozialleistungen beziehen, aber ein besonderer Bedarf besteht.
Personen, die sich in der stationären Jugendhilfe befinden, haben keinen Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket. Viele der in § 28 SGB II genannten Leistungen erhalten sie direkt über das Jugendamt, § 39 SGB VIII. Gem. § 10 Abs. 3 SGB VIII sind SGB II Leistungen nachrangig, ausgenommen sind die Leistungen für das Mittagessen.
Befinden sich die jungen Menschen nicht mehr in der stationären Jugendhilfe haben sie – vorbehaltlich der Bedürftigkeit – im Sinne von § 7 ff SGB II und unter den Voraussetzungen des § 28 SGB II Anspruch auf diese Hilfen.
Fragen zur Asylantragstellung bei unbegleiteten geflüchteten Minderjährigen?
Asylantrag: ja oder nein? Welche alternativen aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten gibt es? Was können Argumente für eine (schnellst mögliche) Asylantragstellung sein? Was gilt es bei einem Asylantrag für unbegleitete Minderjährige aus sogenannten “sicheren Herkunftsländern” zu beachten? Welche Auswirkungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht gibt es bei einer Vormundschaftsbestellung über das 18. Lebensjahr hinaus? Wie gestaltete sich das Anhörungssetting.
Diese und viele weitere Fragen beantwortet die vom Flüchtlingsrat Thüringen e.V. und dem Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. publizierte Arbeitshilfe für Jugendämter, Vormund*innen und Betreuer*innen (Stand 2019).
Eingesehen werden kann diese unter folgendem Link.