Inobhutnahme
Teilprozess 2 - Vormundschaftsbestellung
Aktivitäten
- Bestellung einer Vormünderin oder eines Vormundes bei dem Familiengericht: Das Gericht stellt das Ruhen der elterlichen Sorge fest und bestellt im Anschluss eine Vormünderin oder einen Vormund. Bis dahin weiterhin Übernahme der Vertretung durch das Jugendamt -> Klären, wann und ob ein Asylantrag schon gestellt werden muss
- Die Jugendamtsleitung ist der Vormünderin oder dem Vormund nicht bzw. nur beschränkt weisungsbefugt in dem Fall, dass die Vormünderin oder der Vormund rechtswidrig handelt oder konkreter Schaden durch sein Handeln beim jungen Mensch entsteht
- Die Vormünderin oder der Vormund begleitet den jungen Menschen durch die asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren, wie die Antragstellung, Anhörung etc.
- Prüfen, ob im Einzelfall ein Anwalt in asylrechtlichen Fragen hinzugezogen werden muss
Standards in der Umsetzung
- Die Vormundschaft ist der elterlichen Sorge nachempfunden
- Liegt ein besonderer Eilfall vor, sollte die besondere Dringlichkeit (Asylverfahren, Familiennachzug etc.) in Form eines Eilantrags dargelegt werden
- Mindestens einmal im Monat findet ein Treffen mit dem Mündel in seiner gewohnten Umgebung statt
- Bei der Vorbereitung und Durchführung der Anhörung ist es ratsam, den Bezugsbetreuer einzubinden, da dieser oftmals mehr über die Lebensgeschichte und Situation des jungen Mensch weiß
- Auch wenn der junge Mensch angibt, Kontaktmöglichkeiten mit seinen Eltern zu haben (Skype, Telefon) sollte auf die Bestellung eines Vormundes hingewirkt werden, da die Personensorge- und Erziehungsberechtigten an der tatsächlichen Ausübung der Sorge gehindert sind
Prozessbeteiligte
- Junger Mensch
- Vormünderin oder Vormund
- Familiengericht
Schnittstellen
- Pädagogische Fachkräfte in der Inobhutnahme (Kontaktvermittlung, Besuchstermine, Vertrauensperson)
Instrumente/Dokumente
Asylrechtliche Unterlagen, falls bereits erste Schritte eingeleitet wurden.
Ggf. schriftliche Asylantragstellung.
Anmerkungen
Gesetzlich wird ehrenamtlichen Einzelvormündern der Vorrang vor allen anderen Formen (Vereinsvormundschaft, Amtsvormund) gewährt. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter empfiehlt daher, vor Ort einen Pool von geeigneten und qualifizierten Ehrenamtlichen vorzuhalten.
Eine Amtsvormünderin oder Amtsvormund darf per Gesetz max. 50 Fälle parallel betreuen.
Die Bestellung des Vormunds kann von 2 Wochen bis zu mehreren Monaten dauern. So lange kein Vormund bestellt ist, liegt die Vertretung weiterhin beim Jugendamt.
Zur Vormünderin oder zum Vormund können das Jugendamt (Amtsvormünderin oder Vormund), Verwandte, ehrenamtliche Einzelpersonen oder ein Verein ernannt werden. Vormünderinnen oder Vormünder stehen unter der Aufsicht des Familiengerichts.
Ggf. kann in Einzelfällen bei Gericht die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft, eines Verfahrensbeistands oder eines Mitvormunds für die Vertretung in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten beantragt werden. Die Bestellung ist ausschließlich zulässig, wenn ein Amtsvormund im Sinne des § 1795 BGB kraft Gesetzes von der Vertretung des Mündels ausgeschlossen ist. Der Bundesgerichtshof geht i.d.R. grundsätzlich davon aus, dass eine sachkundige Vertretung durch den Amtsvormund sichergestellt ist, auch wenn keine entsprechenden ausländerrechtlichen Kenntnisse vorhanden sind (vgl. BAG LJÄ 2017, S. 31).
Bei Klageverfahren kann ggf. Prozesskostenhilfe gewährt werden, wenn der Vormund/Mitvormund kein Rechtsanwalt ist.