Inobhutnahme

Teilprozess 3 - Sozialpädagogisches Clearing

Ziel/Ergebnis
Prozess, in dem die Bedürfnisse und Bedarfe der Kinder und Jugendlichen ermittelt und die gewonnen Erkenntnisse genutzt werden, um Perspektiven und Ziele für die weitere Hilfeplanung zu erhalten. Die Ergebnisse des Verfahrens sollen über zentrale Bausteine im weiteren Hilfeprozess entscheiden.

Aktivitäten

  • Unterbringung und Sicherung der physischen und psychischen Grundbedürfnisse
  • Pädagogische Betreuung sowie ggf. psychologische Hilfen
  • Veranlassen der Gesundheitsüberprüfung, anlassbezogene Abklärung und Behandlung von Krankheiten im Rahmen der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung
  • Klärung von Anzeichen traumatischer Belastungen
  • Strukturierung des Alltags der Minderjährigen
  • Klärung des Bildungs- und Entwicklungsstands: Eröffnung von Bildungsperspektiven (Schulbesuch, Sprachkurs)
  • Kontaktherstellung zu Bezugspersonen, Terminwahrnehmung, Freizeitaktivitäten, angemessene Spiel- und Erholungsmöglichkeiten, Nutzung des ÖPNV, evtl. Selbstversorgung mit Mahlzeiten
  • Informationen über Meldepflichten und Begleitung zu Behörden und Ämtern sowie Beratungsstellen
  • Klärung der Anschlusshilfe


Standards in der Umsetzung

  • Verbindliche Regelung des Clearingverfahrens unter Hinzuziehung der relevanten Akteure
  • Das Jugendamt nimmt bis zur Bestellung der Vormünderin oder des Vormunds alle Rechtshandlungen vor, die zum Wohl des Kindes notwendig sind
  • Einbezug der „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“ aus 2017 (BAGLJÄ)
  • Dem jungen Mensch das Jugendhilfesystem und seine Rechte erklären
  • Hinzuziehung von Dolmetscher/innen oder Sprachmittler/innen
  • Bei Bedarf Kontaktieren einer Beratungsstelle in asyl- oder ausländerrechtlichen Fragen in Zusammenarbeit mit der Vormünderin oder dem Vormund
  • Feststellung eines jugendhilferechtlichen Bedarfs und Zusammenfassung der Ergebnisse des Clearingverfahrens (über Motivation, Defizite bzw. Ressourcen des Kindes/Jugendlichen, Zielformulierung etc.) als Grundlage für das Hilfeplanverfahren
  • Datenschutzrechtliche und vertrauliche Behandlung der Ergebnisse (Jugendamt, Jugendliche und Vormünder erhalten Zugang)
  • Übergabe der Clearingdokumentation an die zukünftige Jugendhilfemaßnahme als Basis der Hilfeplanung


Prozessbeteiligte

  • Junger Mensch
  • Fachkräfte der Inobhutnahme
  • Dolmetscher/in oder Sprachmittler/in


Schnittstellen

  • Vereine, Ehrenamtliche, Ärztinnen oder Ärzte, Therapeutinnen oder Therapeuten
  • Sprachkurse
  • Ausländerbehörde
  • Schulamt
  • Beratungsstellen (bspw. Flüchtlings- und Verfahrensberatungsstellen)


Instrumente/Dokumente

Abschlussempfehlung: Feststellung des jugendhilferechtlichen Bedarfs und Dokumentation über die Clearingschritte

Bericht zur Gesundheitsprüfung

Anmerkungen
Besondere Beachtung des Spannungsfeldes Kinder- und Jugendhilferecht auf der einen Seite und Aufenthalts- und Asylrecht auf der anderen Seite.

Das Clearing kann in einer speziellen Clearingeinrichtung stattfinden oder durch ein mobiles Clearing (Betreuung durch eine erfahrene Fachkraft) umgesetzt werden.
Einrichtungen, die ein sozialpädagogisches Clearing durchführen benötigen spezifische Weiterbildungen.

Viele relevante Dinge können erst nach dem Clearing festgestellt werden, da eine adäquate Einschätzung in so kurzer Zeit nicht möglich ist. Dies betrifft vor allem den Bildungsstand, die geistige Entwicklung und die Traumatisierung.

Die Empfehlungen des Clearings sind aktuell nicht immer umsetzbar, da teilweise keine freien Plätze in der gewünschten/passenden Einrichtung vorhanden sind, keine Pflegefamilien zur Verfügung stehen oder kein Jugendwohnen existiert. Daher geht die Empfehlung nicht immer mit der gleichen Umsetzung einher.