(vorläufige) Inobhutnahme
Teilprozess 2a - Klärung der Verteilfähigkeit: Gesundheitszustand
Ziel/Ergebnis
Klärung, ob der Gesundheitszustand eine Verteilung des jungen Menschen innerhalb von 14 Werktagen zulässt.
Aktivitäten
- Schnelle Wege zur ärztlichen Untersuchungen müssen gewährleistet sein
- Ärztliche Untersuchung zur Feststellung des Gesundheitszustandes mit ärztlicher Stellungnahme als Ergebnis
- Prüfung des Impfstatus
- Bei ansteckenden Krankheiten, Aussagen über die Dauer der Ansteckung einholen
- Einleitung von Behandlung/Einschätzung über Ansteckung
- Bei psychosomatischer Auffälligkeit/psychiatrischen Auffälligkeiten Überleitung und Einschätzung durch Psychiatrie
Standards in der Umsetzung
- Verschriftlichung der Untersuchungsergebnisse
- Einschätzung der ASD-Mitarbeitenden hinsichtlich Verteilfähigkeit
- Einbezug des jungen Menschen
- Die Mitarbeitenden und andere junge Menschen sind vor ansteckenden Krankheiten zu schützen, weswegen eine Einschätzung mit möglicher Quarantäne schnellstmöglich abgegeben werden muss
Prozessbeteiligte
- Junger Mensch
- Ärztinnen und Ärzte
- ggf. Gesundheitsbehörde
- Zuständige ASD-Mitarbeitende
- Dolmetscher/in
- Mitarbeitende der Clearingstelle
Schnittstellen
- Allgemein-/Kinderärztinnen und -ärzte
- Fachärztinnen und -ärzte
- Gesundheitsamt
- Kinder- und Jugendpsychiatrie
Instrumente/Dokumente
Ärztliche Stellungnahme
Anmerkungen
Gesundheitliche Beeinträchtigungen können auch im ausländerrechtlichen Verfahren relevant werden, wenn eine adäquate Behandlung im Herkunftsland nicht gewährleistet werden kann.
Teilprozess 2b - Klärung der Verteilfähigkeit: Geschwister/ Verbünde
Ziel/Ergebnis
Feststellung, ob der junge Mensch mit Geschwistern eingereist ist oder andere enge soziale Bindungen zu Kindern/Jugendlichen während der Flucht aufgebaut hat, damit diese gemeinsam verteilt werden
Aktivitäten
- Erfragen, ob Freundschaften entstanden sind. Besteht auf allen Seiten der Wunsch, nicht getrennt zu werden, ist die Verteilung im Verbund anzumelden
- Geschwister werden immer gemeinsam im Verbund verteilt, außer das Kindeswohl erfordert eine Trennung
Standards in der Umsetzung
- Erfassung/Dokumentation des Adressatenwunsches und größtmögliche Beteiligung des jungen Menschen (mithilfe einer/s Dolmetscher/in)
- gemeinsame Verteilung von Geschwistern
Prozessbeteiligte
- Mitarbeitende aus Jugendamt und Ausländerbehörde
- Junger Mensch
- Geschwister; andere junge Menschen
- Dolmetscher/in
- Mitarbeitende der Aufnahmeeinrichtung
Schnittstellen
- Ausländerbehörde
- Familiengericht
- Flüchtlingseinrichtungen
- Inobhutnahmeeinrichtungen
Instrumente/Dokumente
Verschriftlichung und Dokumentation des Vorgangs zur gemeinsamen Verteilung/Inobhutnahme.
Einschätzung der ASD-MA über Eignung für gemeinsame Unterbringung
Anmerkungen
Ggf. Suchauftrag nach verlorenen Geschwistern auf der Flucht stellen
Teilprozess 2c - Verteilfähigkeit: Verwandte im In- und Ausland
Ziel/Ergebnis
Einschätzung, ob das Kind/ der Jugendliche Verwandte im In- oder Ausland hat für eine mögliche Familienzusammenführung.
Aktivitäten
- Sachverhaltsermittlung bzgl. der Familie des jungen Menschen
- Aufenthaltsorte aller Familienmitglieder standardisiert abfragen
- Prüfung, ob Verwandten in Deutschland unter dem Aspekt des Kindeswohls eine geeignete Unterbringung gewährleisten können
- Prüfung, ob es dem Wunsch des jungen Menschen entspricht, bei den Verwandten zu leben
- Die Verwandten können die Vormundschaft übernehmen, sie müssen diese aber nicht zwangsläufig übernehmen
Standards in der Umsetzung
- Möglichkeit der Verwandtenpflege einbeziehen (nach § 44 SGB VIII)
- Unterbringung bei bzw. in der Nähe von Verwandten, falls dies seitens des jungen Menschen gewünscht ist
Prozessbeteiligte
- Verwandte, die für eine Familienzusammenführung in Frage kommen (Eltern, volljährige Geschwister, volljährige Tanten/Onkel, Großeltern)
Schnittstellen
- Ausländerbehörden
- Einwohnermeldeämter
- DRK-Suchdienst oder Internationaler Suchdienst
Instrumente/Dokumente
Anzeige über den Ausschluss des Verteilungsverfahrens gemäß §42b Abs. 4 SGB VIII, wenn eine Familienzusammenführung kurzfristig möglich ist
Anmerkungen
Befinden sich Verwandte im In- oder Ausland ist das Hinzuziehen der Landesverteilstelle bei einer Familienzusammenführung hilfreich.
Bei positiver Prüfung endet die vorläufige Inobhutnahme mit der Übergabe des jungen Menschen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten.
Teilprozess 2d - Verteilfähigkeit: Kindeswohlgefährdung
Ziel/Ergebnis
Einschätzung, ob die Durchführung des bundesweiten Verteilungsverfahrens absehbar zu einer Gefährdung für die Entwicklung des Kindes/ Jugendlichen im Hinblick auf das körperliche, geistige oder seelische Wohl führen könnte.
Aktivitäten
- Die Fachkräfte des Jugendamtes schätzen ein, ob die seelische und körperliche Verfasstheit seine Transportfähigkeit einschränkt und hieraus ein Risiko für Leib und Seele entsteht
- Auch eine massive Abwehrhaltung gegenüber der Verteilung kann zum Ausschluss führen, wenn eine (Re-)Traumatisierung droht
Standards in der Umsetzung
- Die Perspektive des jungen Menschen ist gemäß seines Alters und seiner Entwicklung bei der Gefährdungseinschätzung einzubeziehen
- Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte
Prozessbeteiligte
- ASD-Fachkräfte
- Junger Mensch
- Dolmetscher/in
- Mitarbeitende der vorläufigen Inobhutnahme
Schnittstellen
- Ggf. Rechtsvertretung; Vertraute, Verwandte
Instrumente/Dokumente
Erfassung der Ergebnisse im Meldebogen zur Umverteilung sowie eine schriftliche Einschätzung der ASD-Fachkraft.
Anmerkungen
Eine umfassende Einschätzung das Kindeswohl betreffend ist aufgrund der kurzen Phase der vorläufigen Inobhutnahme oftmals nicht zu gewährleisten.