Die Debatte um die Standardabsenkung bei unbegleiteten Minderjährigen
Sukzessive zeigt sich seit ca. 2022, dass die Standards der Kinder- und Jugendhilfe für die Zielgruppe der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten - zumindest zeitlich begrenzt – in immer mehr Bundesländern herabgesetzt werden. Dies geschieht mit der Begründung der gestiegenen Anzahl junger Geflüchteter und gleichzeitig fehlender Strukturen für diese Zielgruppe in der Kinder- und Jugendhilfe. Zugleich macht sich auch in diesem Kontext der Fachkräftemangel bemerkbar.
Kritisiert wird diese Vorgehensweise von etlichen Akteur:innen der Jugend- und Flüchtlingshilfe. Im Mai 2024 wurde aus diesem Anlass ein Zwischenruf mit dem Titel „Kinderrechte sind universell und gelten für Alle – auch für junge Geflüchtete!“ veröffentlicht. Initiatoren des Zwischenruf sind die Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen e.V., der Bundesverband Caritas Kinder- und Jugendhilfe e.V., der Evangelischer Erziehungsverband e.V. und Bundesfachverband unbegleitet minderjährige Flüchtlinge e.V.
Die Unterzeichner:innen betonen, dass durch die Standardabsenkungen für junge Geflüchtete das Primat der Kinder- und Jugendhilfe – die Vorrangstellung der Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe – und die Rechtsstaatlichkeit verletzt werden und fordern eine Rückkehr zu den Prämissen einer demokratisch verfassten Jugendhilfe. Die Kinder- und Jugendhilfe muss für alle jungen Menschen rechtebasiert ausgestaltet werden.
Die Servicestelle junge Geflüchtete schließt sich diesem wichtigen Zwischenruf an und wird daher als Mitunterzeichnerin benannt. Es ist der Servicestelle ein Anliegen auf die unterschiedlichen Standards aufmerksam zu machen und gemeinsam daran zu arbeiten, zu einer Jugendhilfe für alle junge Menschen zurückzukommen. Denn „es handelt sich vielmehr um Menschenrechte, die unveräußerlich sind und überall und für Alle gelten – auch in Deutschland! Es braucht eine verlässliche Infrastruktur für alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland. Die Kinder- und Jugendhilfe ist rechtbasiert auszugestalten und darf nicht über rechtswidrige Praxen und aufgrund politischem Druck sukzessive ausgehöhlt werden“ (Zwischenruf S. 2).
Der Apell kann hier nachgelesen werden.
Weiterführende Links
Fachbeitrag zur Frage der Rechtmäßigkeit pauschaler Standardabsenkung bei (vorläufiger) Inobhutnahme und Hilfegewährung für geflüchtete unbegleitete Minderjährige
Vor dem Hintergrund der politischen Forderungen nach Standardabsenkungen bei der Unterbringung von und Hilfegewährung für geflüchtete unbegleitete Minderjährige in Zeiten von Kapazitätsengpässen, hat die IGfH einen Fachbeitrag in Auftrag gegeben. In dem Fachbeitrag zeigen Nerea González Méndez de Vigo und Pauline Endres de Oliveira vom Bundesverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. die rechtlichen Grenzen auf, die solchen Forderungen entgegenstehen. Dazu werden Standardabsenkungen, die durch die Exekutive im Wege von Ländererlassen durchgesetzt werden sollen, auf ihre Vereinbarkeit mit rechtlichen Grundsätzen der Kinder- und Jugendhilfe (KJH) geprüft.
Der Beitrag kommt zu dem Schluss, dass grundsätzliche Standardabsenkungen bei der Unterbringung von und Hilfeleistungen an unbegleiteten Minderjährigen, die im Wege von Ländererlassen durchgesetzt werden sollen, nicht mit geltendem Recht im Einklang stehen.
Der Beitrag ist abrufbar auf der Homepage der IGfH unter folgendem LINK.
Das Primat der Jugendhilfe gilt
Der Bundesverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. informiert schon seit geraumer Zeit auf seiner Homepage davon, dass unbegleiteten minderjährigen Geflüchtete zum Teil der Zugang zur Kinder- und Jugendhilfe verwehrt bzw. nur unter anderen Standards gewährt wird.
Neben dem Hintergrund zum Primat der Jugendhilfe, einem Video zur Bedeutung einer starken Jugendhilfe und der Beschreibung der derzeitigen Situation werden die derzeit geltenden Standardabsenkungen in den Bundesländern abgebildet.
Weitere Details sind folgendem LINK zu entnehmen.