Auf einen Blick - 2021/2022

Jugend- und fluchtspezifische Anforderungen 

Jugend ist heutzutage zu einem Sinnbild für Dynamik, Aktivität, Entfaltung und Fortschritt geworden. Aber was bedeutet es ,in Deutschland ‚jugendlich‘ zu sein? Und was heißt das für junge Menschen mit Fluchtgeschichte? Klar ist: Wie Jugend gelebt werden kann, hängt entscheidend von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und den Gegebenheiten vor Ort ab. Dennoch werden gesellschaftliche Anforderungen an alle Jugendlichen, unabhängig von deren Ausgangssituation, biografischen Erfahrungen und dem Lebensumfeld, gestellt. 

 

Kinder- und Jugendstärkungsgesetz: Neuregelungen für junge Volljährige und Careleaver*innen 

Nach einem langen Überarbeitungsprozess trat im Juni 2021 das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) in Kraft. Es enthält weitgehende Neuregelungen, die unter anderem auf eine Stärkung von Kindern und Jugendlichen abzielen, die in einer Pflegefamilie oder Einrichtung der Jugendhilfe aufwachsen. Für die Zielgruppe der jungen Volljährigen und Careleaver*innen, die sich im Übergang aus der Kinder- und Jugendhilfe in ein selbstständiges Leben und/oder in andere Hilfesysteme befinden, bringen die gesetzlichen Neuregelungen erhebliche Verbesserungen mit sich. Damit diese in der Praxis wirksam werden können, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen aller beteiligter Akteur*innen.

Beteiligung, Selbstorganisation und Beschwerde 

Kinder und Jugendliche haben das Recht auf Beteiligung in allen sie betreffenden Lebensbereichen. Beteiligung kann Informieren, Engagieren, Konsultieren und Mitbestimmen umfassen. Junge Menschen sollten dabei jedoch nicht nur passiv dabei sein, sondern bei Partizipationsprozessen begleitet und zum aktiven Mitgestalten und Mitbestimmen befähigt werden. Gerade junge Geflüchtete werden oft aufgrund einer ungeklärten aufenthaltsrechtlichen Situation oder Restriktionen des Asyl- und Aufenthaltsrechts von gesellschaftlichen Prozessen ausgeschlossen oder fremdbestimmt und sind in ihrem Alltag und ihrer Zukunftsplanung eingeschränkt. Partizipationsrechte gelten jedoch für alle jungen Menschen.

 

Junge Menschen mit Fluchtgeschichte in den Hilfen zur Erziehung: Schwerpunkt Erziehungsbeistandschaft (§ 30 SGB VIII) 

Da die Maßnahme der Erziehungsbeistandschaft sich in erster Linie an ältere Kinder und Jugendliche richtet und einen starken Fokus auf die Verselbstständigung legt, eignet sie sich besonders gut als Anschlussunterstützung nach einer stationären Unterbringung. Dies macht sie als Hilfeform auch für die Zielgruppe junger Menschen mit Fluchtgeschichte attraktiv, die im Prozess der Verselbstständigung individuelle Unterstützung benötigen, dabei aber nicht mehr auf ein stationäres Setting angewiesen sind. Diese ambulante Hilfeform findet meist am Wohnort des jungen Erwachsenen oder in der Familie als Eins-zu-Eins-Betreuung statt.

 

Wohnungslosigkeit bei jungen Menschen mit und ohne Fluchtgeschichte und Leistungen der Jugendhilfe - Ergebnisse einer Online-Umfrage 

In einer Online-Umfrage befragte die Servicestelle Junge Geflüchtete Leitungs- und Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, die Kontakt zu jungen wohnungslosen Menschen haben oder hatten. Damit sollen Einblicke in die Situation der Kommunen sowie Impulse für eine zukünftige Weiterentwicklung der Jugendhilfe im Hinblick auf ihre Möglichkeiten, junge Menschen bei den Themen Wohnen und (drohende) Wohnungslosigkeit zu unterstützen, gewonnen werden. Die Umfrage lief vom 20.09. bis 29.10.2021. Es nahmen 50 Personen daran teil.

 

Wohnungslosigkeit junger Menschen (mit Fluchtgeschichte): Auswertung einer Gruppendiskussion 

Das Thema (drohende) Wohnungslosigkeit gewinnt vor dem Hintergrund extrem angespannter Wohnungsmärkte sowie wenig passgenauer Unterstützungsstrukturen immer weiter an Bedeutung. Dies betrifft auch eine steigende Zahl junger Menschen, die im Rahmen der Jugendhilfe begleitet wurden — darunter auch jene mit Fluchtgeschichte. Um erste Einblicke in die aktuelle Situation, die Herausforderungen und Weiterentwicklungsbedarfe zu erhalten, organisierte die Servicestelle im April 2021 eine Gruppendiskussion mit Vertreter*innen der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe in Baden-Württemberg. Die wichtigsten Erkenntnisse sind hier im Überblick abgebildet. 

 

Integrationspotenziale der Jugendarbeit 

Die Jugendarbeit ist eines der vielfältigsten Leistungsfelder innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe – bezogen auf die Angebotsformen, aber auch auf die Trägerlandschaft. Gerade die Angebote der Offenen Kinder- und Jugendarbeit stehen grundsätzlich allen jungen Menschen zur Verfügung. Aufgrund dieser Offenheit schlummern in der Kinder- und Jugendarbeit besondere Integrationspotenziale für die Zielgruppe der jungen Menschen mit Fluchtgeschichte. Es gilt daher, Zugänge und Angebote migrations- und fluchtsensibel auszugestalten und die eigene Praxis entsprechend zu reflektieren.